Wie funktioniert eine Plattenfirma?
Natürlich gibt es je nach Grösse und Art eines Labels gewisse Unterschiede. Abgesehen von allgemeinen unternehmensinternen Bereichen wie Finanzen, Sekretariat und Chefetage ist ein Musiklabel im Prinzip aber jeweils ungefähr so aufgeteilt:
Die A&R-Abteilung
Der wichtigste und erste Ansprechpartner für Musiker in einer Plattenfirma ist der «Artist & Repertoire-Manager».Er ist zuständig für das Entdecken und Fördern neuer Talente mit kommerziellem Potenzial. Hier sind die Leute, die sich die ganzen Demo-CDs anhören, an Konzerte gehen, Medien durchforsten und dann entscheiden, welche
Künstler sie unter Vertrag nehmen möchten. Und dann auch zuständig sind für die Betreuung der Musiker, die Produzentensuche und was weiter mit der Herstellung eines Tonträgers alles zusammenhängt, und für das musikalische Gesamtbild des Labels insgesamt. Dies sind also die Personen, von denen so manche Band sich erhofft, entdeckt zu werden (Lustig: Manchmal wird «A&R» von Musikern auch übersetzt mit «Ablehnen und Rücksenden».). Die Promotions-/Marketingabteilung Diese Abteilung, darunter der Produktmanager, kümmert sich um die Vermarktung des Produkts, also der Band
und des Songs. Dies beinhaltet zum einen das Planen und Organisieren der Verkaufskanäle, aber auch den ganzen Bereich der Werbung und Public Relation (PR) in Radio, Fernsehen und den Printmedien, und ausserdem das Merchandising und die visuelle Präsentation generell. Diese Leute sind also insgesamt zuständig
dafür, wie die Band, abgesehen von der Musik an sich, beim Publikum wahrgenommen wird. Dazu werden auch externe Agenturen und Freelancer beigezogen.
Das Presswerk
Logisch: presst die CDs. Stellt also das Endprodukt her, mitsamt Cover und Verpackung. Dabei gibt es Presswerke, die einem Label angeschlossen sind, und unabhängige mit eigenem Labelcode.
Der Vertrieb
Sorgt dafür, dass die fertigen CDs auch mit der richtigen Auflage termingerecht an die richtigen Verkaufsstellen geliefert werden. Nicht jedes Label hat seine eigene Vertriebsabteilung; in diesem Fall übernehmen externe Vertriebsfirmen und Grossverteiler diesen Part.
Externe Stellen
Der Handel
Die CD-Läden und Online-Shops sorgen dafür, dass die Konsumenten den produzierten Tonträger kaufen und die Musik dann geniessen können. Dabei werden neue Produkte speziell promotet und in die vorderen Regale gestellt. Nebst den Tonträgern erhalten die Läden von den Labels auch die potenzielle respektive gewünschte Hitliste und das entsprechende Promo-Material. Aus den gemeldeten Verkaufszahlen des Handels werden dann
die Hitparaden erstellt.
Der Produzent
Er gehört nicht zwingend einem Label an, sondern wird von einem Label jeweils pro Band oder auch dauerhaft engagiert. Er ist verantwortlich für die künstlerische und kommerziell verwertbare Umsetzung des Tonträgers.
Dabei muss er einen Spagat machen können zwischen den Vorstellungen und Budgetvorgaben der Plattenfirma und der musikalischen Qualität und der kreativen Freiheit der Band. Er organisiert und leitet die Aufnahmen, bezieht allenfalls zusätzliche Studiomusiker und Songwriter mit ein und ist zusammen mit dem Toningenieur für den Mix und das Mastering verantwortlich. Seine Funktion lässt sich vergleichen mit dem Regisseur eines Films (Im Filmbusiness bezeichnet «Produzent» hingegen eher meistens den Auftraggeber/Financier/Organisator). Ein Musikproduzent hat im Idealfall eine sehr genaue Vorstellung davon, wie ein Song am Schluss als Ganzes klingen soll, und steuert alle kreativen Elemente, Fähigkeiten und Emotionen der Beteiligten so, dass dieses Ziel auch erreicht wird. Produzenten geben nicht selten dabei auch ihren persönlichen kreativen Input, oder greifen sogar selbst in die Tasten oder Saiten, oder steuern Text- und Songideen bei etc. Manche Produzenten haben auch ihre eigenen Künstlerprojekte, die sie selbsttätig umsetzen und dann mit einem «Bandübernahmevertrag» an die Musiklabels zu verkaufen oder zu lizenzieren versuchen (Wobei «Band» hier für «Tonband» steht). Produzenten haben in der Regel insgesamt einen guten Durchblick im ganzen Musikbusiness-
Dschungel und verfügen über entsprechende Kontakte und Erfahrungen, um nebst der Produktion auch im Bereich Promotion ihren Input zu geben. Nicht zuletzt wegen der «Austauschbarkeit» und «Vereinheitlichung»vieler Künstler und Bands ist die Bedeutung des Produzenten in vielen Musiksparten in den letzten Jahrzehnten markant gestiegen. Wichtig war seine Funktion schon immer, doch wird inzwischen vermehrt der Produzent eines Acts sogar teilweise mit höherem Stellenwert kommuniziert als der Act selbst. Und auch, wenn es in den meisten Fällen nicht kommuniziert wird: wer hinter die Kulissen schaut, stellt fest, dass hinter vielen unterschiedlichen gerade angesagten Sternchen oft dieselben Songwriter und Produzenten stehen.Es besteht manchmal die Befürchtung bei Künstlern, dass ein Produzent sich zu sehr «einmischen» oder die eigene Kreativität beschneiden würde. Das kann schon sein, ist aber eine reine Entscheidungsfrage. Der Job des Produzenten ist es, einen marktfähigen und erfolgsversprechenden Tonträger herzustellen. Wenn man das möchte, sollte man dem Profi auch die Arbeit und die Kompetenzen überlassen. Es ist aber sicher vorteilhaft, wenn man sich als Künstler mit einem Produzenten einigermassen gut versteht und ihn vielleicht sogar sympathisch findet. Kommunikation heisst das Zauberwort. Es gibt ausserdem zahlreiche Bands, die ihr Album gleich selbst produzieren.
Die Bookingagentur
Sie vermittelt Bands und Solokünstler an Konzertveranstalter. Von der Konzertgage erhält die Agentur dann einen ausgehandelten Anteil für ihre Dienstleistung; üblich sind 15 bis 20 Prozent. Einer Konzertagentur tritt man vertraglich bei und meistens auf längere Zeit; je nachdem kann auch ein Exklusivvertrag abgeschlossen werden – die Agentur hat dann das alleinige Recht, die Band zu vermitteln.
Diese Agenturen unterhalten ein weites Beziehungsnetz zu Festival-/Konzertveranstaltern und Livemusik-Locations und treten dann und wann auch mal selbst als Organisator eines Events auf. Meistens sind sie, wie auch ein Independent- oder Sublabel, auf wenige Stilrichtungen spezialisiert, da natürlich auch die meisten Festivals und Konzertlokale ein bestimmtes Stammpublikum oder Stilvorstellungen haben. Eine Bookingagentur
ist ebenfalls nicht zwingend einem Label angeschlossen, arbeitet je nach Grösse aber natürlich teilweise sehr eng mit deren Promotionsabteilungen zusammen.
Es gibt auch noch den Überbegriff: die Künstleragentur. Sie kümmert sich nicht nur um Konzerte, sondern auch um das Marketing generell, also Werbung und Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der Band.
Der Konzertveranstalter
Der Veranstalter betreibt eine dauerhafte Konzertlocation oder ein Festival und hat natürlich Interesse daran, dort regelmässig qualitativ hochwertige und publikumswirksame Bands auftreten zu lassen, um seine Infrastruktur auszulasten und sein Image als guten Veranstaltungsort zu pflegen. Dazu arbeiten die Veranstalter eng mit Bookingagenturen zusammen. Oft sind die Agenturen stilmässig fokussiert und machen sich einen Namen in
einer bestimmten Szene. Ebenso die meisten Veranstalter, welche sich so ein Stammpublikum schaffen und ihr Lokal auch dem Musikstil entsprechend einrichten können. Der Verdienst des Veranstalters ist, grob gesagt, der Ticketeintritt plus der Gewinn aus Essen und Getränken, plus ein allfälliges Sponsoring, minus die Gage für die Band und deren Bookingagentur. Und natürlich minus der ganzen technischen Anlagen, der Infrastruktur, der Einkäufe, des Personals und des Werbeaufwandes.
Ausserdem ist es der Veranstalter eines Konzerts, der der Suisa die 10 % der Einnahmen abgeben muss.
Ein Veranstalter ist in der Regel keinem Label exklusiv angeschlossen, sondern engagiert seine Acts über die Bookingagenturen. Mit zunehmender Grösse der Konzerthalle oder des Festivals wird aber ein direkter Kontakt mit den Labels entsprechend wichtiger, da nur kommerziell erfolgreiche Bands, also solche mit vielen verkauften Tonträgern, genügend Publikum anzulocken vermögen.
Der Musikmanager
Viele Bands haben nicht selbst den Kontakt zu Labels und Bookingagenturen, sondern lassen sich durch einen Bandmanager vertreten, der sich im Business auskennt, die nötigen Kontakte knüpft, die Band aktiv für Engagements und Konzerte bewirbt, Termine und Abmachungen koordiniert und den ganzen administrativen Kram erledigt. Er arbeitet in der Regel ebenfalls mit Gewinnbeteiligung, hat also selbst grösstes Interesse daran,
die Band zum Erfolg zu führen. Im Prinzip ist seine Funktion ähnlich wie die des A&R-Managers eines Labels, arbeitet jedoch meistens selbständig oder gehört gleich zur Band, und kümmert sich nicht nur um Tonträger, sondern gleichzeitig auch um PR und Auftritte.
Wenn man professionell und erfolgreich im Musikbusiness einsteigen oder weiterfahren, und sich lieber aufs Musikmachen als auf Administratives konzentrieren möchte, ist ein Bandmanager quasi Pflicht, nur schon wegen der anfallenden Menge an Informationen. Aber natürlich auch, weil es so EINEN verantwortlichen Ansprechpartner gibt für alle Kontakte. Denn Bandmanager sind auch diejenigen Leute, die den Kopf hinhalten
müssen, wenn der Tonträger oder das Konzert nicht erfolgreich war; und bei Erfolg sagen müssen, es sei der Verdienst der Band.
Die gute Zusammenarbeit einer Band mit ihrem Manager ist essenziell, wir von der Leeloop Gruppe sind ein Teil deines Erfolgs, da er unter Umständen für die Band die einzige Kontaktperson des ganzen Zirkus ist. Im Idealfall ist der Manager ein Symbiont, im schlechtesten Fall ein Parasit.
Eigenarten der Musikindustrie
Im folgenden einige Tatsachen und Eigenheiten im Zusammenhang mit der Musikindustrie. Dass diese Fakten teilweise eher als Nachteil oder mit kritischem Ton gesetzt sind, ist kein Zufall, sondern die logische Konsequenz ebendieser Tatsachen. Globalisierter Grössenwahn Was schon in den Finanz-, Computer-, Lebensmittel-, Pharma- und diversen anderen Branchen der Fall ist, ist natürlich auch in der Unterhaltungs- und Musikindustrie Tatsache: Ein paar wenige Multis kontrollieren praktisch den ganzen Markt. Zustande gekommen ist dies, wie eben auch in den anderen Branchen, zum einen durch
Fusionen: kleine und mittlere Labels werden von den Majors aufgekauft. Dadurch sichern sich die grossen Labels ein breiteres Spektrum und können so die grösseren Massen erreichen. Des Weiteren können die Majors durch die komplette globale Vernetzung Marketing-, Studio- und Vertriebspotenzial anderer Länder perfekt für sich nutzen und müssen diese Kosten quasi nur einmal ausgeben. Positive Folgen dieser Entwicklung
Alles vorhanden Praktisch jede Art von Musik, von früher bis heute, ist jedermann zugänglich. Die Zeiten, wo Tonträger vergriffen waren, sind spätestens seit dem digitalen Zeitalter vorbei. Und selbst die undergroundigsten Sounds sind inzwischen kommerziell promotet und können bequem online geshoppt werden.
Komplettangebot
Dem Musikfreund von heute wird nicht nur einfach ein Tonträger einer Band in die Hand gedrückt, er erhält gleich auch noch die komplette Welt dazu: Merchandising, Style, Bildwelt, Story, Videoclip, Emotionen, Kult, alles schön vordefiniert. Ist bequem. Könnte man allerdings auch in der nachfolgenden Kategorie aufführen. Negative Folgen dieser Entwicklung.
Marktübersättigung
Die Majors sind zwar stetig gewachsen, doch der Zenit ist überschritten, die Nachfrage stagniert. Und dies seit langem: bereits Ende der Siebzigerjahre bejammerte die Industrie ihre aktuelle Krise; bei der Suche nach Ursachen wurde unter anderem Marktübersättigung kritisiert. Auch wenn mehr angeboten wird, haben die Leute doch nur einen begrenzten Bedarf an Musik. Die Bevölkerung in den für die Industrie relevanten Ländern ist in
den letzten 40 Jahren zwar um einen Drittel gewachsen. Ein Tag hat aber immer noch vierundzwanzig Stunden.
Zu gross um zu sterben
Die Labels sind schon längst auch mit Veranstaltern, Medien und sogar Elektronikherstellern verkoppelt, welche untereinander wiederum zu Allround-Konzernen verschmolzen sind. Natürlich ist die Rendite so zwar grösser, aber Innovationen bleiben natürlich auf der Strecke. Und wenns einen lupft, kann das eine riesige Kettenreaktion
auslösen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gehen diese Fusionen und Fast-Monopole in Richtung Aushebelung des Prinzips von Angebot und Nachfrage, und untergraben damit die freie Marktwirtschaft. Die Musik-, Medien- und Eventbranche ist inzwischen grösstenteils quasi ein «automatischer Selbstläufer mit Erfolgsgarantie». Der Publikumsgeschmack wird dabei nicht berücksichtigt oder übergangen; der eigentliche Konsumentennutzen ist
also praktisch nicht mehr vorhanden. Sprich: es spielt keine Rolle mehr, was die Leute hören möchten – sie bekommen das zu hören, was der Industrie Gewinn bringt.
Comentários