Es scheint jedenfalls, als spielten die Kulturförderer diesen Ball an diverse Stiftungen, die dann die entsprechenden Musiker unterstützen. Nicht nur finanziell, sondern auch mit Erfahrungen, Kontakten, Lobbying und sonstigen Möglichkeiten. Damit geht der Ball auch wieder weiter an die Radiostationen, welche doch das Zeug bitte spielen und so die Schweizer Musiker unterstützen sollen.
Vor einigen Jahren wurde vom BAK der Wunsch geäussert, der Anteil an gespielter Schweizer Musik solle doch mehr betragen als die dümpelnden 10 %, der er jahrelange war. Die Radiostationen gingen diesem Wunsch unterschiedlich stark nach. Heute ist der Anteil an Schweizer Musik im Radio im Schnitt bei etwa 15 % (Zum Vergleich: Deutschland strebt seit längerem eine Quote von einem Drittel deutscher Musik an.).
Gleichzeitig schreiben sich die Radiostationen nun auf alle Fahnen, wie sehr sie die Schweizer Musik fördern und unterstützen. SRF3 zum Beispiel kann sich gar nicht mehr bremsen, in lauter Überschwänglichkeit damit zu prahlen, dass diese und jene Band ja eigentlich nur dank ihrer fantastischen Unterstützung überhaupt zu Erfolg gekommen ist.
Das ist Bullshit. Die Förderung Schweizer Musiktalente ist ein Witz. Auch die ganzen überregionalen Talentwettbewerbe und nationalen Music Awards im Mainstreambereich sind für den Arsch. Denn: es passiert ja nichts. Selbst wenn eine Band alles gibt und beim Contest gewinnt und einen Tag Studioarbeit geschenkt bekommt und dann noch auf der Hauptbühne beim Festival nachmittags um 13 Uhr spielen darf und … Nichts. Es passiert nichts. Kein Weiterreiten auf der Erfolgswelle, kein Hype, keine anhaltende Radio-Airplay, keine MassenCD-Verkäufe, keine lukrativen Plattenverträge mit einem Major-Label, kein Ruhm, kein Reichtum. Nichts. Stille. Respektive das Gedudel der nächsten Band, die es auch versucht.
Oder hatte jemand ernsthaft daran geglaubt, dass die Majors sehnlichst auf genau diesen ach so brav klingenden Schweizer Act warten, um ihn dann europaweit zum Erfolg zu führen? Nein, haben sie nicht. Die unterstützten und gepushten Musiker müssen dann wohl oder übel einsehen, dass die Förderbeiträge nicht einfach die Mechanismen der Industrie umschiffen, sondern höchstens eine der vielen möglichen Türen einen ganz kleinen Spalt weit öffnen oder wenigstens das Guckloch kurzzeitig für einen Blick freigeben. Immerhin, die Wettbewerbe bringen ein wenig Publicity. Und jetzt, falls sie denn weitermachen möchten, fängt die Arbeit erst an. Sehr viel Arbeit. Denn mit jedem Unterstützungsbeitrag steigen natürlich auch die Erwartungen. Viel Publicity geben die grossen Wettbewerbe hingegen für deren Veranstalter – dies ist auch der Hauptgrund, weshalb es sie gibt.
Quoten-happiness? Die gewünschte Radioquote für einheimische Musik ist ebenfalls mehr als fraglich. Zum einen ist das eigentlich ein klarer Beschnitt der Medienfreiheit. Zum anderen profitieren zwar einheimische Künstler von der zusätzlichen Unterstützung und garantierten Airplay. Aber das Publikum kriegt nicht das zu hören, was es hören möchte. Und die musikalische Qualität ist vollends im Keller.
Beispiel anglophobes Frankreich: Dort ist den Radiostationen gesetzlich und unter massiver Strafandrohung vorgeschrieben, dass mindestens 40 % der gespielten Songs einheimische Produktionen sein müssen, en français natürlich. Das Resultat ist eine Katastrophe: französisches Radio ist un-hör-bar. Die Ohren schmerzen nach kürzester Zeit stark und beginnen bei weiterem Hinhören zu bluten.
Braucht es eine Kulturförderung? Kulturförderung hin oder her: der Markt wird beherrscht von den Majors, daran ändert auch eine Quote nichts (Und Majors funktionieren vor allem international. Der schweizerische Musikmarkt ist ein sehr kleiner, und
ausserdem noch sprachlich und kulturell gesplittet – nicht so attraktiv.).
Die Kulturförderung wäre ja von der Grundidee her gut, aber eine Kulturquote kann auch nicht mehr Talente erschaffen, als ein Land hergibt. Und was hat ein Schweizer Pop-Mainstream-Act eigentlich noch mit Schweizer Kultur zu tun? Von der musikalischen Vielfalt, die unser Land bietet, merkt man jedenfalls am Radio nicht viel. Offenbar steht Diversität am Radio nicht auf der Aufgabenliste des BAK. Wie auch immer. Echte Kultur kommt von den Leuten, die sie leben. Und echte Kultur wird auch ohne die zwingende Unterstützung von staatlichen oder privaten Institutionen gelebt.
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